Vorbild Transition Town? Was kann Kommunalpolitik für nachhaltige Lebensstile und Suffizienz tun?

18. Oktober 2018
v.l. Tinka Dittrich (Netzwerk Transition Towns), Thomas Köhler (Transition Town Hannover), Julia Verlinden und Markus Schöning (KTA)

Am 5. Oktober hat Julia Verlinden zu einer Diskussionsveranstaltung im Dannenberger Ostbahnhof eingeladen. Auf dem Podium saßen neben Julia der Transition Town Experte Dr. Thomas Köhler von Transition Town Hannover, Tinka Dittrich, die bundesweite Netzwerk Koordinatorin der Transition Towns und der Grüne Kreistagsabgeordnete Markus Schöning.

Köhler, der auch im Pestel-Institut, dem 1. Wachstumskritischen Institut Deutschlands, arbeitet, gab einen Einblick in die Ursprünge der Transition Town Bewegung, die in kleinsten Gruppen vor Ort nach Möglichkeiten für klimafreundliche Veränderungen im Alltag sucht. Die daraus entstehenden „Zukunftsinseln“ sieht er als Mikroteilchen des Wandels. Diese grünen Oasen bilden besonders im städtischen Bereich gute Möglichkeiten zu nachbarschaftlichem Handeln mit größerem Wohlbefinden und geringerem Ressourcenverbrauch. Köhler weist immer wieder auf den Widerspruch hin, warum viele Menschen es nicht schaffen ihr Verhalten zu ändern, besonders bei Flugreisen, Autoverkehr und anderem ressourcenintensivem Konsum, obwohl sie sich der globalen Problematik des Klimawandels sehr bewusst sind. Die Möglichkeit für Jedermann, sich an solchen Transition Town Projekten zu beteiligen und ihre Inhalte selbst zu bestimmen, hilft auch dabei, angesichts der globalen Bedrohung nicht zu kapitulieren.

Netzwerkerin Tinka Dittrich ergänzte, dass es inzwischen bundesweit unzählige solcher Projekte gäbe. Einige von ihnen konnten auch erfolgreich über einen Förderaufruf des Umweltbundesamtes gefördert werden. Sie laufen unter dem Titel „Kurze Wege für den Klimaschutz“ und können auch für Initiativen auf dem Lande genutzt werden.

Markus Schöning beschrieb seine Erfahrungen aus der kommunalpolitischen Sicht. Für ihn ist Suffizienz, also Genügsamkeit, ein wichtiger Bestandteil, um die Ziele von Paris zu erreichen. Der Masterplan Klimaschutz für Lüchow-Dannenberg hätte angesichts bundes- und landespolitischer Rahmenbedingungen nur eingeschränkte Möglichkeiten, Maßnahmen umzusetzen. Ein wichtiger Auftrag sei es in jedem Fall, Projekte zu unterstützen, die die Motivation und Vernetzung der Initiativen voran zu bringen. Besonders die Mobilitätszentrale soll, wenn es denn mit der Finanzierung klappt, ab 2019 den Wandel im Landkreis voran bringen. Allerdings gebe es auch eine Reihe kommunaler Hemmnisse und Erschwernisse. So würde die Daseinsvorsorge anderswo immer weiter privatisiert und damit vieler kommunaler Entscheidungen entzogen. Aber auch hiesige Verwaltungen seien manchmal unflexibel, was am Beispiel der schwer zu genehmigenden „Tiny Houses“ deutlich würde. Auch die Pflicht zu europaweiten Ausschreibungen spräche gegen die Stärkung regionaler Aspekte.

In der sich anschließenden lebhaften Diskussion wurde deutlich, dass im Wendland schon viel Erfahrung bei der praktischen Umsetzung von kleinen Nachhaltigkeitsprojekten besteht. Unter dem Dach der „Wachstumswende Wendland“ ist schon fast so etwas wie eine Transition Region entstanden, die noch besser vernetzt werden könnte. Während einige Besucher ihren Wunsch zum Ausdruck brachten, bessere Entscheidungen in der Bundes- oder Europa-Politik durchzusetzen, wie z.B. eine Flugbenzinbesteuerung, mahnten andere, dass für sie Transition immer mit einer Veränderung des eigenen Verhaltens beginnt.

Julia Verlinden fasste die Anregungen zusammen, dass es um beides geht: Als Pioniere konkret zu zeigen, wie anderes Leben und Wirtschaften möglich ist und die lokalen Initiativen vor Ort zu stärken, um gleichzeitig Forderungen bezüglich konsequenten regulatorischen Rahmenbedingungen an die Politik zu formulieren und mithilfe von zivilgesellschaftlichen Akteuren und Verbündeten innerhalb der Parlamente durchzusetzen.

Weitere sehr hilfreiche Anregungen zum Thema Suffizienzpolitik (auch in der Kommunalpolitik) lassen sich hier finden:

https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/perspektive-2030-suffizienz-in-der-praxis/
• https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/kommunale-suffizienzpolitik-strategische-perspektiven-fuer-staedte-laender-und-bund/
https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/2853/