Solarstrom aus Pionier-Anlagen weiternutzen: Grüne fordern unbürokratische Regelung

14. Juli 2020
Miriam Staudte, Dorothea Kittmann, Christian Deußing, Julia Verlinden und Ralf Pohlmann (v.l., Foto: Dieter Schaarschmidt)

Solarstromanlagen, die bis zum Jahr 2000 in Betrieb gingen und über das Erneuerbare-Energien-Gesetz finanziert wurden, stehen ab Januar 2021 vor einer ungewissen Zukunft. Dann endet das Recht,20 Jahre lang sauberen Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen und dafür eine Vergütung zu erhalten.

„Kunden kommen auf mich zu und fragen, wie sie die Anlage weiterbetreiben können. Ich muss Ihnen dann antworten, dass die Bundesregierung noch keine Regelung dazu getroffen hat und empfehle ihnen möglichst viel Eigenstromnutzung., Für die Restmenge braucht es eine unbürokratische Regelung. Die Zeit drängt!“ so Christian Deußing, der mit seinem Handwerksbetrieb SolarWend. GmbH aus Luckau Solaranlagen installiert.

Viele Solar-Pioniere haben für ihre Fotovoltaik-Anlagen zum Jahresende bereits eine Kündigung vom Netzbetreiber Avacon erhalten. Unter ihnen auch der Architekt Ralf Pohlmann in Kiefen, Waddeweitz. Seine 2,3 KW große Anlage ist voll funktionstüchtig und kann weiter sauberen Strom produzieren.Die Kündigung macht Pohlmann ratlos: „Ich will mit meiner Anlage weiterhin einen Beitrag für die Energiewende leisten – ums Geld verdienen geht es mir dabei nicht. Am besten wäre es, wenn ich unkompliziert den Strom verbrauchen könnte, den ich selbst benötige. Den Rest würde ich auch kostenlos ins Netz einspeisen, hauptsache, er wird genutzt,“ so Pohlmann zu der verfahrenen Situation. Wer seine funktionsfähige Anlage nicht deinstallieren will, hat derzeit nur zwei Optionen: Entweder mit viel Bürokratie den Strom über einen sogenannten Direktvermarkter vertreiben – oder die Anlage umstellen und den erzeugten Strom selbst verbrauchen. Für letzteres werdenin der Regel Kosten fällig. Ralf Pohlmann ist kein Einzelfall, fast 180.000 kleine PV-Anlagen werden in den nächsten fünf Jahren betroffen sein.

Bei einem Ortstermin besprach die energiepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Julia Verlinden, mit der Landtagsabgeordneten Miriam Staudte, der Kreistagsabgeordneten Dorothea Kittmann, dem Solar Installateur Christian Deußing und Anlagenbetreiber Ralf Pohlmann die Lage.

Erst kürzlich hatten die Grünen im Bundestag ihren Antrag zur Lösung dieser Probleme vorgelegt: Sie fordern eine automatische Abnahme von Solarstrom durch den Netzbetreiber. Der Sonnenstrom solle dann unbürokratisch mit dem Marktwert vergütet werden. Doch die Regierungskoalition lehnte ab, ohne bis heute einen eigenen Gesetzesentwurf zur Problemlösung vorzulegen.

Dazu Julia Verlinden: „Es ist völlig unverständlich, warum die Regierung nichts unternimmt. Jetzt und in Zukunft benötigen wir jede saubere Kilowattstunde für den Klimaschutz und die wachsende E-Mobilität. Auch ein Nachbarschaftsmodell, das Energy-Sharing, bei dem Nachbarn den Überschussstrom abnehmen, wäre denkbar. Hauptsache, die Altanlagen werden nicht verschrottet!“

Genau dies wäre bei der Anlage von Pohlmann beinah geschehen. Er will im kommenden Jahr eine neue große Anlage bauen, bei der über 90 Prozent des Stromes von ihm und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verbraucht werden soll. Für die alten Module hat er inzwischen einen Abnehmer gefunden, der sich damit selbst versorgen will.

Miriam Staudte betont: „Die Solaranlagenbetreiber der ersten Stunde waren echte Pioniere, von deren Erfahrungen Solarindustrie und alle weiteren Solaranlagenbetreiber profitiert haben. Ihnen jetzt Steine in den Weg zu legen und zu riskieren, dass viele Anlagen abgeschaltet werden, ist absurd. Im Übrigen warten auch die Energieversorger auf eine Neuerung der Gesetzeslage.“ 

Antrag „Energiewende weitertragen – Grünen Strom aus ersten EEG-Anlagen weiternutzen“