Klimakongress Niedersachsen: Klimaschutz einfach machen!

5. Juli 2018
Julia Verlinden mit Imke Byl und Anja Piel bei ihrer Keynote auf dem Klimakongress der grünen Landtagsfraktion Niedersachsen. Foto: Büro Verlinden

Unter dem Motto: "Es geht ums Ganze! Klimaschutz einfach machen" hatte die grüne Landtagsfraktion Niedersachsen am 23. Juni 2018 Abgeordnete, Initiativen, kommunalpolitisch Aktive und Interessierte zum Klimakongress nach Hannover eingeladen. Gemeinsam diskutieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, was lokalen Klimaschutz auszeichnet und wie er zum Erfolg werden kann.

Einen Eindruck von den vielfältigen Ideen und Initiativen, die auf dem Kongress zusammengefunden haben, vermittelt das Video zum Klimakongress

Die Keynote zum Kongress kam von Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der grünen Bundestagsfraktion. Ihre Rede „Von der Energiewende zur Klimagerechtigkeitsbewegung“ dokumentieren wir hier im Wortlaut:

Liebe Anja, liebe Imke, liebe Landtagsabgeordnete,
liebe Landesvorsitzende – Anne,
liebe Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker,
liebe Aktive aus Initiativen, Verbänden und Organisationen,
kurz: Liebe Weltretterinnen und Weltretter, liebe Freundinnen und Freunde!

Ich würde gern darauf eingehen, wo wir derzeit stehen bezüglich Klimakrise, warum es neben ökologischen Fragestellungen auch unbedingt um Gerechtigkeit gehen muss, und ein paar Gedanken mit Euch teilen, was wir konkret tun können – und wie.

Es ist fünf nach zwölf

Jahrelang haben wir gesagt: Es ist beim Klimaschutz 5 vor 12. Jetzt ist es eigentlich schon 5 nach 12: Die Erderhitzung nimmt dramatisch zu und wir werden sie nur noch begrenzen, aber nicht mehr abwenden können. Die Klimawissenschaft ist da sehr ehrlich. Prof. Schellnhuber spricht in einem Interview im Mai davon, unsere Gesellschaft würde einen „kollektiven Suizidversuch“ begehen, weil wir im „Irrsinnstempo auf eine unberechenbare globale Situation“ zusteuern.

Längst stellen sich Ökonomen darauf ein, welche massiven Schäden und Kosten auf unsere Volkswirtschaften zukommen. In Deutschland spüren wir bereits Auswirkungen, denn Extremwetterereignisse häufen sich: Verfaulte Kartoffeln letztes Jahr auf den Äckern, extreme Trockenheit dieses Jahr machen der Landwirtschaft zu schaffen. Munich Re, der größte Rückversicherer der Welt, sieht die aktuellen Extremwetter nur als Vorboten für das, was uns künftig immer häufiger erwartet. Und die sind diejenigen, die sehr genau kalkulieren müssen. Denn die Rückversicherer müssen einen Großteil der Schäden später bezahlen – sofern diese überhaupt versichert sind.

Können wir bei dieser Ausgangslage überhaupt noch etwas tun? Ist es nicht aussichtslos oder längst zu spät? Ich finde: Nein! Wir können was tun, wir sollen was tun, wir müssen was tun. Unbedingt! Jeder Tag zählt. Und ich glaube, genau deswegen seid Ihr alle heute hier. Das finde ich großartig und allein das macht auch zusätzlich Mut. Denn es macht einen Unterschied, ob wir vor Ort im Land und im Bund für konkrete Fortschritte bei Energiewende, Agrarwende, Mobilitätswende und Klimaschutz streiten! Auch wenn wir spät dran sind in Deutschland und in Europa. Aber nur so können wir die Folgen noch begrenzen. Denn es macht einen Unterschied, ob der Meeresspiegel der Nordsee um zwei Meter ansteigt oder um zehn Meter. Und nur so können wir versuchen, dramatische Kipp-Punkte des Klimas und unserer Ökosysteme noch zu verhindern.

Es geht auch um Gerechtigkeit

Und zugleich macht es einen Unterschied, dass wir durch unser Engagement für Klimaschutz folgende Dinge deutlich machen: Nämlich dass es nicht nur technisch darum geht, Treibhausgase zu vermeiden, sondern dass es auch strukturelle Fehler im System gibt. Dass es so nicht weitergehen kann, dass sich Ressourcenverbrauch und Naturzerstörung rechnen. Dass Macht ungleich verteilt ist – in Deutschland, und weltweit. Dass unser demokratisches System globale Gerechtigkeit und Generationengerechtigkeit nicht per se berücksichtigt, sondern dass beides dauerhaft eingefordert werden muss. Dass wir diejenigen sind, die frühzeitig die Betroffenen der Klimakatastrophe in den Blick nehmen. Und dass es sich lohnt zu kämpfen – gemeinsam mit der ganzen Breite der Bewegung und mit Ausdauer und auch mit Spaß dabei, das haben wir immer wieder bewiesen. Das zeigt z.B. das Thema Atomkraft: Ohne den steten Druck einer Zivilgesellschaft plus politische Debatten auf allen Ebenen und ohne viele Verbündete hätte es bis heute keinen Atomausstieg gegeben. Trotz Tschernobyl und Fukushima.

Natürlich wäre ein viel früherer und umfassender Atomausstieg besser gewesen. Aber wir würden ja heute deshalb auch nicht sagen, die Anstrengungen waren umsonst, sie haben sich nicht gelohnt… Es gibt noch andere Beispiele, wo die Umweltbewegung was erreicht hat: Weil es die Ozonschicht zerstört, wurde FCKW international verboten. Die Flüsse sind heute sauberer und wir haben das Waldsterben verhindert. Statt saurem Regen haben wir schärfere Regeln für die Industrie durchgesetzt. All das zeigt: Wir können die Verhältnisse zum Tanzen bringen, wir können was verändern. Und dafür bleibt noch genug für uns zu tun.

Jede*r Einzelne zählt

Auf der ‚großen Bühne‘ passiert gerade entweder nichts, oder schwarz-rot dreht das Rad rückwärts. Die Bundesregierung hat die Energiewende schon in der letzten Legislaturperiode massiv ausgebremst. Und jetzt ist Deutschland auch noch in der EU in das Lager der Bremser gewechselt. Gemeinsam mit Polen, Ungarn, Lettland, Polen und Rumänien hat Wirtschaftsminister Altmaier gegen höhere Ausbauziele für Erneuerbare gekämpft. Es ist echt zum Haare raufen! 

Daher ist es umso wichtiger, dass vor Ort Engagement und Druck hoch bleiben. Nach dem Motto: jetzt erst recht! Und zwar in zweierlei Hinsicht: selber machen – zu Hause, in Genossenschaften, in der Schule, an der Uni, im Betrieb – und zugleich politische Forderungen laut artikulieren, die Herrschenden nicht aus der Verantwortung lassen.

Als ich noch am Umweltbundesamt gearbeitet habe, da hat ein Kollege, der zu nachhaltigem Konsum geforscht hat, immer von Key points gesprochen. Was sind die zentralen Dinge, mit denen Du wirklich einen Beitrag leisten kannst, um den ökologischen Fußabdruck zu senken? Natürlich ist es super, den Müll zu trennen – aber das allein rettet nicht diesen Planeten. Deswegen hat er das so zusammengefasst:

1.) Wie heizt Du? Viele wissen nicht, dass Wärme die Hälfte des Energieverbrauchs in Deutschland ausmacht – in einem durchschnittlichen Haushalt sogar bis zu 70%.

2.) Wie sieht Deine Mobilität aus? Also vermeide Fliegen und nutze oft das Fahrrad

3.) Was ist mit Deiner Ernährung? Iss weniger Fleisch!

Diese 3 Dinge kann jede*r individuell beeinflussen. Aber ich finde, der allerwichtigste ist der Punkt 4: Unterstütze die Umweltverbände und –initiativen, diskutiere mit, informiere andere, mische Dich politisch ein, kämpfe dafür, dass es klare Regeln für alle gibt, insbesondere für die Konzerne.

Und genau über diese Dinge sprechen wir heute hier in den 4 Workshops: Welchen Beitrag können wir vor Ort leisten, um die Transformation zu gestalten? Dabei geht es um konkrete Projekte zur Energiewende, zu Landwirtschaft, Mobilität und Bildung. Aber auch, indem wir den Druck auf die Landes- und Bundesregierung erhöhen. Den Regierenden klarmachen, was wir von ihnen erwarten, um diesen Planeten zu retten, weil wir nunmal nur diese eine Erde haben.

Wir haben Verantwortung für nachfolgende Generationen

Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist: Je länger wir warten, desto härter werden die notwendigen Maßnahmen. Deshalb ist JETZT Handeln fällig. Leider haben die Merkel-Regierungen seit fast 13 Jahren wichtige Zeit verschwendet. Umso dringender und radikaler müssen nun unsere Antworten sein.  

Aber es gibt mindestens 3 gute Gründe, für echten Klimaschutz zu kämpfen und dranzubleiben:

Aus Verantwortung, weil wir für unser Handeln geradestehen müssen. Dafür, was wir tun und was wir unterlassen, obwohl wir es besser wissen. Und was wir in der Gesellschaft zulassen, das andere tun. In Deutschland sitzt die größte CO2-Quelle von ganz Europa, die Braunkohlekraftwerke von RWE im rheinischen Revier. Wir sind in besonderem Maße verantwortlich für die Klimakrise, durch die Treibhausgasemissionen in Deutschland und Europa. Hinterher kann niemand sagen, er hatte keine Ahnung, was passieren würde, wenn man die Naturgesetze ignoriert. Und wir haben besondere Verantwortung, weil die Alternativen auf dem Tisch liegen, unsere Gesellschaft sie locker finanzieren könnte, wir sie aber nicht konsequent nutzen.

Außerdem aus Gründen der Gerechtigkeit. Die Klimakrise ist global, aber sie trifft und betrifft die Menschen sehr unterschiedlich. Die Länder, die am meisten zur Klimakrise beigetragen haben, sind tendenziell am wenigsten betroffen. Und umgekehrt. Mehr Wohlstand gibt es in den Ländern, die das Klima stärker belasten. Gleichzeitig sind ärmere Länder heute schon stärker von Klimaveränderungen betroffen. Es herrscht also doppelte Klimaungerechtigkeit! Daran müssen wir was ändern.  

Und es geht auch um Generationengerechtigkeit. Ich denke da z.B. an meine Nichten und Neffen, die jetzt zwischen 5 Monate und 3 Jahre alt sind. Die werden die globalen Folgen der Erhitzung voll zu spüren bekommen. Aber sie können jetzt noch nichts dagegen unternehmen. Sie sind weder wahlberechtigt, noch können sie Leserbriefe schreiben oder die Braunkohle-Bagger in der Lausitz blockieren. Das müssen wir für sie erledigen.

Und nicht zuletzt: Es betrifft auch uns selbst, wenn es immer heißer und trockener wird, wenn sich Extremwetter häufen etc. Überlegt mal, wie alt ihr 2050 seid, wenn wir spätestens eine CO2-freie Gesellschaft haben müssen. Ich werde das aller Voraussicht nach noch erleben. Und wie weit dann schon die Erhitzung der Erde und die Klimaveränderung fortgeschritten sein kann.

Klimaschutz ist auch Umweltschutz

Außerdem geht es beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern ja nicht „nur“ um Klimaschutz. Die Fossilen sind dreckig, zerstören Natur, der Abbau geschieht oft unter Missachtung von Menschenrechten und die Fossilen verschärfen Konflikte. Deswegen möchte ich noch mal daran erinnern, was eine fossile und atomare Energieversorgung eigentlich ganz real und Tag für Tag bedeutet.  

  • Gefährlicher Atommüll strahlt Millionen Jahre, und wir wissen immer noch nicht, wohin damit. Dazu das Risiko eines atomaren Unfalls oder Flugzeugabsturzes, jederzeit, mitten in Europa und über anderen dicht besiedelten Regionen.
  • Riesige Löcher bis zum Horizont, weggebaggerte Dörfer mitsamt denkmalgeschützten Kirchen und allem Drum und Dran komplett der Braunkohle zum Opfer gefallen – in der Lausitz und im Rheinischen Revier!
  • Explodierende Ölplattformen im Meer und Tankerunfälle, die ölverschmierte Küsten zurücklassen und dahinsiechende Meerestiere und Vögel! Lukrative Ölquellen, die als Grund genommen werden, Kriege anzuzetteln!
  • Erdbeben und ungeklärte Krankheitshäufungen wie Krebsfälle in den Erdgasregionen in Niedersachsen und auf der ganzen Welt!
  • Und nachdem Kohle, Öl und Gas aus dem Boden geholt wurden, wenn sie verbrannt werden in den Kraftwerken, in Autos, in Heizungen, dann sind sie mitverantwortlich für zigtausende Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen allein in Deutschland.

Diese dreckigen fossilen Energien, die sind nicht modern, sondern so was von 19. Jahrhundert!  

Erfolg durch Engagement, Beteiligung und Mitbestimmung

Also, wie diskutieren wir Klimaschutz mit Gerechtigkeit? Da können wir tatsächlich einiges lernen aus der Debatte um die Energiewende. Klaro, da ging es von Anfang an um Ökologie, also: Minimierung des atomaren Risikos, Ressourcenschonung, Umwelt- und Naturschutz, Klimaschutz und auch Gesundheitsschutz. Theoretisch wäre das alles mit politischen Entscheidungen und technischen Maßnahmen umzusetzen, egal in welchem politischen System. Aber – und das ist was ganz besonderes in Deutschland: Es geht bei unserer Energiewende um mehr. Es geht auch um mehr Beteiligung und Mitbestimmung. Also auch um eine Dezentralisierung und vor allem auch um eine Demokratisierung der Energieversorgung. Und dadurch eben auch um mehr Gerechtigkeit.  

Und warum war das so? Am Anfang der Energiewende (in den 80ern) gab es Weltverbesserer, Aktivisten und Tüftler mit unterschiedlichen Motiven: Ressourcenschonung, Alternative zu Atomstaat, Selbstversorgung uvm. Und die haben angefangen, auch die bestehenden Strukturen in Frage zu stellen; nämlich zentral organisierte Energiekonzerne, staatlich eng verbandelt. Und die Aktivisten haben nicht nur an eigenen technischen Lösungen gebastelt, sondern sich zusammengetan, und auch Forderungen an das System gestellt. Und das führte u.a. schließlich Ende der 90er zum EEG (Verabschiedung 2000). Dieses Gesetz zur Energiewende, diese Idee wurde vielfach im Ausland kopiert. Bis heute hat das EEG wesentliche Ziele erreicht: Technologieentwicklung, Preissenkung, internationale Vorbildwirkung und vor allem: Alle können Mitmachen. Es gibt kaum ein Land auf der Welt, wo so viele Erneuerbare Energien-Anlagen in Bürgerhand sind wie hier. ABER: Mit zunehmendem Erfolg gab es eben auch wachsenden Widerstand der fossilen Wirtschaft. Die sind aufgewacht und sorgen nun dafür, dass Energiewende politisch von der Bundesregierung und Landesregierungen blockiert wird.  

Gerade die aktiven Kommunalis und örtlichen Initiativen können klar machen: Weil auf Bundes- und Landesebene so wenig passiert, ist das Engagement vor Ort so wichtig. Obwohl die Klimakrise dramatisch auf dem Vormarsch ist, sind in der Öffentlichkeit andere Themen oben; Klimaschutz wird von vielen als irgendwie „in Bearbeitung“ eingestuft und daher innerlich als erledigt abgehakt. Wie finden wir also neue Formate und Formen, um (neue) Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen? Denn wenn der politische Druck aus der Bewegung nur hoch genug ist, passiert etwas – selbst bei einer Regierung, die eigentlich eine ganz andere Agenda hat.

Ich glaube, es liegen große Chancen darin, Gerechtigkeitsfragen mit Klimafragen zu verknüpfen. So ist die Bürgerenergie ein Teil eines Trends, der sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen zeigt. Menschen wollen anders, solidarisch wirtschaften, nämlich gemeinsam, regional und nachhaltig. Sei es die solidarische Landwirtschaft, CarSharing oder die Bürgerenergiegenossenschaft. D.h., es geht beim Klimaschutz um mehr als technische Entscheidungen, um mehr als bestimmte Kraftwerke abzuschalten, oder bestimmte Autos nicht mehr zu produzieren. Es geht um eine Bewegung, die die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Frage stellt und Alternativen diskutiert. Und die global denkt, die Aspekte der Generationengerechtigkeit und internationalen Solidarität adressiert. Deswegen ist die wachsende Klimagerechtigkeitsbewegung so wichtig, da sie auch Machtverhältnisse und Strukturen hinterfragt – und zwar zu recht!

Die Zeiten sind vorbei, wo die ganzen win-win-Strategien im Schulterschluss mit Teilen der Wirtschaft vielleicht noch ausgereicht hätten. Wenn wir vor 20 Jahren konsequenter gehandelt hätten und die Gegner die Transformation angenommen hätten und sich rechtzeitig neu aufgestellt hätten, dann wären sie nun nicht in der verzweifelten Situation. Jetzt müssen wir umso mehr in die Konflikte mit denen gehen, die der Klimagerechtigkeit im Weg stehen. Deswegen muss nun gelten: „radikal ist das neue realistisch“. Wir müssen dringend politisch etwas ändern an den Regeln für unsere Wirtschaftsweise. Und zwar massiv und entschlossen. Minimalkompromisse reichen nicht mehr.  

Wir sind Viele

Dafür haben wir viele Verbündete. Seien es Aktivist*innen im Süden und in anderen Ländern, z.B. aus besonders von der Klimakrise betroffenen Regionen oder aus den Regionen, wo Steinkohle, Erdöl, Erdgas abgebaut werden. Oder wo Wälder vernichtet werden für Futtermittel. Aber auch die Betroffenen vor Ort in Deutschland an den Braunkohletagebaue, deren Dörfer weichen sollen. Und auch alle, die hier in Niedersachsen ganz konkret gegen das neue Kohlekraftwerk in Stade kämpfen, haben unsere Unterstützung nötig! Oder die sich für die Abschaltung der 11 Steinkohlekraftwerksblöcke in diesem Bundesland einsetzen!!! Denn jeder Tag zählt, an dem die weiter CO2 in die Luft blasen.

Wir als Klimaschützer*innen haben begrenzte Ressourcen. Wir haben kein Marketingbudget wie RWE, Daimler oder Wiesenhof. Unsere Stärke sind unsere Argumente, unsere Ausdauer und unsere Entschlossenheit. Strategie und Timing bestimmter Aktionen, Verbündete und gute Botschaften. Auch darauf kommt es ganz praktisch an. Wenn wir uns gut vernetzen, voneinander lernen und uns organisieren, um gemeinsam was zu erreichen, dann kann uns keiner aufhalten.  

Ich habe diese Woche wieder mehrere Orte besucht und mich mit Aktiven zum Thema Klimaschutz und Kohleausstieg ausgetauscht: Göttingen, Stade, Lüneburg. So viel Energie, so viele gute Ideen und vor allem: eine bewundernswerte Ausdauer, die diese Leute alle mitbringen! Und genau da liegt unsere Stärke. Wir wollen etwas bewegen! Wir wollen die Welt retten! Wir sind bereit, Zeit und Energie reinzustecken. Und wir sind viele an vielen Orten. Deswegen: Bitte kommt auch morgen mittag zur Stop-Kohle-Demo nach Berlin vors Kanzleramt!  

Und wir wollen noch mehr werden!

Ich freue mich sehr, dass ihr alle da seid. Wir haben hier so viele Menschen auf einem Haufen, die sich mit dem Thema gut auskennen, die viel Erfahrung haben – oder einfach verdammt neugierig sind. Und genau darin sehe ich die große Chance dieser Konferenz: dass wir uns gegenseitig Mut machen, dran zu bleiben. Uns Tipps geben, wie wir noch wirkungsvoller sein können. Und uns verabreden für gemeinsame Aktionen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier alle Anregungen rein geben können und andererseits auch Ideen mitnehmen aus der Konferenz für das Engagement vor Ort, egal ob Ihr das ehrenamtlich oder beruflich oder beides tut. Wir wollen uns hier noch besser vernetzen, gemeinsam Aktionsideen entwickeln und die nächsten Schritte verabreden.

Und auch wollen wir überlegen, wie wir noch mehr werden! Deshalb haben wir neben den zentralen Themen Landwirtschaft, Mobilität und Energie u.a. auch das Thema Bildung mit einem eigenen Workshop besetzt. Denn immer noch wissen nicht ausreichend Leute genug über Ressourcenverbrauch, Umweltzerstörung und Klimaschutz. Oder sie wissen es ganz genau, sind aber unsicher, was sie konkret tun können, um einen Beitrag zu leisten für eine bessere Welt. Deswegen halte ich politische Bildung ebenfalls für zentral. Zu wissen, wer warum Macht hat und wie Entscheidungen zustande kommen und vor allem: wie wir sie wirkungsvoll beeinflussen können. Weil es bestimmte Mechanismen gibt in der politischen Entscheidungsfindung.

Diejenigen von Euch, die schon eine Weile dabei sind, wissen: Manchmal ist Timing alles. Da kann eine Kampagne super funktionieren oder total ins Wasser gehen. Ich finde es eine großartige Idee der Landtagsfraktion, so einen Kongress zu veranstalten – und bin gespannt wie ein Flitzebogen, was da heute alles rauskommt. Ich bin neidisch, dass ich nicht in jedem Workshop gleichzeitig mitmachen kann. Aber diese Konferenz ist sicher nicht die letzte, im Gegenteil. Ich verstehe das heute als Auftakt für viele weitere gemeinsame Pläne und Aktivitäten – für mehr Klimaschutz und mehr Gerechtigkeit! Zusammen mit euch. Letztens sagte ein Freund zu mir: Hey, Julia, wir wissen nicht, ob es uns wirklich gelingt, die Welt zu retten – aber wir können es wenigstens versuchen und dabei Spaß haben.

Vielen Dank, dass Ihr dabei seid!