Energiewende braucht kein Fracking

8. Oktober 2014
Bundestagskuppel Vogelperspektive
©Claudio Schwarz/unsplash

Eingangsstatement für die Podiumsdiskussion „Fracking – Ausweg oder Sackgasse in der Energieversorgung?“ am 7. Oktober in der Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund

Wenn wir über Fracking reden, müssen wir die Technik im Gesamtzusammenhang unserer energie- und klimapolitischen Ziele bewerten. Die Bundesregierung selbst will bis 2050 den Treibhausgasausstoß annähernd um 95 Prozent gegenüber 1990 senken. Ziel der Energiewende ist es, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu beenden. Wir wollen den Energieverbrauch drastisch verringern und in der Energieerzeugung vollständig auf Erneuerbare Energien umsteigen. Bis dahin haben wir noch ein ganzes Stück des Weges zu gehen. Der Einsatz von Fracking zur Förderung von mehr Erdgas und Erdöl bringt uns dem Energiewende-Ziel nicht näher. Im Gegenteil, damit kommen wir von diesem Weg ab – und zwar aus folgenden Gründen:

  1. Fracking verlängert das fossile Zeitalter: Die Technik ermöglicht den Zugang zu bisher nicht oder sehr schlecht erreichbaren fossilen Energievorkommen, durch deren Nutzung weitere Treibhausgase freigesetzt werden. Selbst die Internationale Energieagentur (IEA) sagt jedoch, dass aus Klimaschutzgründen maximal noch ein Drittel der nachgewiesenen fossilen Reserven verbraucht werden dürfen, der Rest unbedingt in der Erde bleiben muss.
  2. Die schlechte Klimabilanz der Fördermethode spricht gegen sie: Bei der Förderung von Erdgas mittels Fracking wird Methan freigesetzt. Methan hat eine sehr viel größere Klimarelevanz als CO2, das beim Verbrennen von fossilen Energieträgern in die Atmosphäre gelangt. Außerdem ist der Energieaufwand für die Förderung von Erdgas mit Fracking relativ hoch und verursacht somit weitere Emissionen. Um die Klimarelevanz fossiler Energieträger zu vergleichen, reicht es nicht, die CO2-Emissionen bei der Verbrennung zu betrachten, sondern die gesamte Wertschöpfungskette (inkl. Förderung und Transport) gehört dazu.
  3. Statt sich für Fracking einzusetzen, sollte die Bundesregierung sich auf den Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien konzentrieren. Zur Energiewende brauchen wir nicht nur einen Umstieg bei der Stromerzeugung, sondern auch im Wärmemarkt und bei der Mobilität. Und die Bundesregierung soll endlich mehr tun für Energieeinsparung und Energieeffizienz – auch die IEA ist der Ansicht, dass Energieeffizienz die bessere Energiequelle ist als Fracking.  Wer international Vorbild für Energiewende und Klimaschutz sein will, macht sich durch die Zulassung einer rückwärtsgewandten Technik unglaubwürdig.
  4. Die Technik nimmt hohe Risiken für Umwelt und Gesundheit in Kauf, die – nach allem was wir jetzt wissen und angesichts der zahlreichen besseren Alternativen – in absolut keiner Relation zum fragwürdigen möglichen Nutzen stehen.

Daher ist es richtig, den Einsatz von Fracking für die Förderung von Erdgas und Erdöl nicht zuzulassen. Darüber hinaus müssen wir einen kritischen Blick auf andere Fördermethoden werfen. Wer meint, die „normale“ Erdgasförderung ohne Fracking sei eine saubere Sache, sollte sich mit Problemen bei der Entsorgung von Lagerstättenwasser, beim Abfackeln, mit Unfällen und den unklaren Langzeitfolgen auseinandersetzen. Schon heute müssen uns – leider auch in Niedersachsen – statistisch auffällige Zahlen von Krebserkrankungen, quecksilberverseuchte Böden und nicht zuletzt lokale Erdbeben zu denken geben. Sie zeigen, dass wir mehr brauchen als eine Entscheidung über den Einsatz von Fracking. Wir brauchen striktere Umweltauflagen für die Förderung fossiler Energievorkommen insgesamt. Deswegen werben wir Grüne für eine umfassende Reform des antiquierten deutschen Bergrechts, die im Einklang mit den klima-, umwelt- und energiepolitischen Zielen steht und mehr Beteiligung vorsieht.

Dr. Julia Verlinden, MdB ist Sprecherin für Energiepolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und betreut als Abgeordnete die Kreise Cuxhaven, Harburg-Land, Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Stade und Uelzen.