Als Teil der Anti-Atom-Bewegung warnen wir Grüne seit Jahrzehnten vor der Risikotechnologie Atomkraft, gehen auf die Straße und setzen uns in Parlamenten für den schnellen Atomausstieg ein. Wie dramatisch die Folgen eines Atomunfalls sind, hatte der GAU in Tschernobyl 1986 unmissverständlich gezeigt. Deshalb besiegelte die rot-grüne Bundesregierung 15 Jahre später gemeinsam mit den Betreibern der Atomkraftwerke erstmals den Ausstieg aus der Risikotechnologie.
Doch die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP kündigte diesen Konsens 2010 auf. Sie wollte AKW länger laufen lassen – bis es wenige Monate später zur Atomkatastrophe im japanischen Fukushima kam. In der Folge votierte der Bundestag 2011 mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen mit breiter Mehrheit für das Ende der Atomkraft in Deutschland.
Der Schrecken der nuklearen Katastrophe von Fukushima scheint bei einigen Akteur*innen in Vergessenheit geraten zu sein – dabei sehen wir auch durch die Angriffe auf das Atomkraftwerk Saporischschja, wie schnell und nah die Gefahr kommen kann.
Hohe Sicherheitsrisiken
Der gesetzlich vereinbarte Atomausstieg ist ein entscheidender Schritt weg vom Risiko und hin zu einer sicheren, sauberen und nachhaltigen Energieversorgung. Jetzt daran zu rütteln, würde nicht nur Planungssicherheit und Investitionsentscheidungen der Energiebranche untergraben, sondern vor allem steigendes Risiko für gravierende Störfälle bedeuten.
Die verbliebenen Anlagen sind mit Blick auf den vereinbarten Atomausstieg seit 13 Jahren nicht mehr umfänglich überprüft worden, obwohl eine Sicherheitsprüfung mindestens alle 10 Jahre erfolgen soll. Das hat der BUND in einer aktuellen Untersuchung dargelegt. Der Verband geht daher davon aus, dass eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen AKW nicht genehmigungsfähig ist.
Wir dürfen keine unnötigen Risiken eingehen – zumal der Weiterbetrieb der verbliebenen drei Atomkraftwerke keinen relevanten Beitrag zur Gaseinsparung bringen würde. Anders als AKW können Gaskraftwerke schnell hoch und runter gefahren werden, wenn der Strombedarf steigt oder sinkt. Das können AKW nicht. Auch würden die Atomkraftwerke, die bereits auf die Abschaltung hin betrieben wurden, keine großen zusätzlichen Strommengen produzieren.
Abhängig von Russland
Anders als Atomenergie ist Wind- und Solarenergie unmittelbar verfügbar – man braucht sie lediglich „ernten“. Für Atomkraftwerke muss hingegen Uran abgebaut und zu Brennstäben weiterverarbeitet werden. Das passiert unter erheblichen Umweltbeeinträchtigungen und in hoher Abhängigkeit von wenigen Firmen und Ländern.
Hier ist insbesondere die Atomindustrie aus Russland von Bedeutung – dem Land, aus dessen Abhängigkeit wir uns gerade mit allen Mitteln zu befreien versuchen. Auch die Endlagerfrage für den hochradioaktiven Atommüll ist weiter ungeklärt. Ein erneuter Einstieg in diese Risikotechnologie wäre also in jeder Hinsicht widersinnig.
Union will von eigenem Versagen ablenken
Kein Wunder, dass die lautesten Forderungen nach einer Laufzeitverlängerung aus der Union kommen. Es waren allen voran CDU und CSU, die die Energiewende jahrelang gebremst und so eine hohe Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas zu verantworten haben. Bayern hat 2014 im Alleingang eine Abstandsregelung für Windräder erlassen, die den Ausbau der Windenergie dort nahezu zum Erliegen gebracht hat. Auch den Bau neuer Stromnetze hat die CSU blockiert. Von all diesem Versagen in der Energiepolitik wollen CDU und CSU nun ablenken.
Statt weiter Debatten über eine Risiko-Technologie der Vergangenheit zu führen, erwarte ich von allen demokratischen Parteien ernsthafte Vorschläge für eine schnellere Energiewende. Denn die Antworten auf die Klimakrise wie auch auf mangelnde Energiesouveränität sind der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Reduzierung des Energieverbrauchs und mehr Energieeffizienz. Hierauf sollten sich alle Anstrengungen und Diskussionen konzentrieren.
Weitere Argumente sowie Fragen und Antworten zum Atomausstieg gibt es auch auf der Seite unserer Bundestagsfraktion.