In einem großen Bericht in der Elbe-Jeetzel Zeitung (19.10.2015) war Bernd Karius, der Standortleiter des größten Stromversorgers in Lüchow-Dannenberg, u.a. bezüglich der Entwicklung im Bereich Erneuerbare Energien interviewt worden. Für die dabei entstandenen Überschriften fühlte sich Karius nicht verantwortlich. Und genau diese sorgten für Verwirrung: „Windenergie Boomt weiter“ und „Fotovoltaik 2014 fast verdoppelt“ hieß es dort. Doch die Realität sieht anders aus. Wie der Landkreis gegenüber der EJZ bestätigte, war nach den Boomjahren der Zubau von Fotovoltaik, Windenergie und Biomasse spätestens 2012 auf unter 3% zusammengebrochen.
Vor diesem Hintergrund erklärt Julia Verlinden: „Als energiepolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion und als hiesige Abgeordnete finde ich es wichtig, dass wir bei der Energieversorgung sauber rechnen. Denn Ziele für Klimaschutz und Energiewende in der Region sollten auf verlässlichen Zahlen zum Status Quo basieren. Eine zentrale Datenerhebung beim Landkreis halte ich daher für sinnvoll.“
Wie sich durch ein Gespräch mit dem Avacon-Verantwortlichen Standortleiter Bernd Karius herausstellte, waren sehr komplexe Zahlen und Zusammenhänge durcheinander geraten. Außerdem führte die Abtrennung des Netzbereiches der EVE (Energieversorgung Elbtalaue) zu schwer vergleichbaren Werten bezüglich der Vorjahre. Denn die Avacon hatte die Stromeinspeisung nur für ihren eigenen Netzbereich angegeben, für den Stromverbrauch aber den Gesamtbereich Lüchow-Dannenberg genannt.
Wie Karius richtigstellt, hat es 2014 praktisch keinen Zuwachs bei der Fotovoltaik gegeben und keine Verdoppelung, wie irrtümlich berichtet wurde. Auch der vermeintliche Windenergie-Boom ist nicht zu erkennen. Es kann lediglich sein, dass die von Avacon 2014 erstmals erfasste Direkteinspeisung in das Hochspannungsnetz diesen Eindruck erweckt hat.
Wie hoch nun der Anteil des Stroms aus Erneuerbaren Energien in Lüchow-Dannenberg ist – ob 60 Prozent wie von Avacon berichtet oder 120 Prozent, wie Berechnungen im Kreishaus erbracht haben – ließ sich bisher nicht genau ermitteln. Julia Verlinden betont: „Es ist gut, dass im Landkreis bereits so ein hoher Anteil des verbrauchten Stroms aus erneuerbarer Energie erzeugt wird. Aber nach wie vor liegt auch in der Region der durchschnittliche CO2-Ausstoß noch etwa beim Bundesdurchschnitt von 9 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Dies liegt vor allem an den großen alten Gebäuden und an der hohen PKW-Nutzung. Dies zeigt, wie wichtig es ist, die Energiewende ganzheitlich zu denken, wenn wir im Klimaschutz vorankommen wollen. Neben dem Strom sind hier auch Konzepte für den Wärmesektor und den Verkehr gefragt. Ich freue mich über die Lösungsansätze, die hier von verschiedenen Akteuren verfolgt werden.“
Wie vom Geschäftsführer der EVE in Dannenberg, Herrn Dr. Klaus Horchelhahn, zu erfahren war, sind die Ökostrom-Produktionszahlen aus ihrem Netzbereich nicht mit in die Berechnungen der Avacon eingeflossen, was zu einer erheblichen Verzerrung geführt hat. Nach EVE-Angaben haben die 419 Solarstromanlagen und 21 Biomasse-Kraftwerke im Jahr 2014 etwa 75.000 MWh Strom produziert. Damit erhöht sich der Anteil des erneuerbaren Stroms bereits auf 84% am Gesamtverbrauch in Lüchow-Dannenberg. Ob sich die verbleibende Differenz durch den Eigenverbrauch von Ökostrom oder die Direktvermarktung von Ökostrom ergibt, muss noch geklärt werden.