Regionalentwicklung und Kommunalpolitik anders denken: Eine Diskussion um Postwachstum

20. Mai 2016
v.l. Peter Meiwald MdB, Julia Verlinden MdB und die Journalistin Anja Humburg

Mit den Grenzen des Wachstums und vor allem den Grenzen unserer Ressourcen und der Belastbarkeit von Umwelt und Natur, müssen wir für die Zukunft ein neues „Gesellschaftsmodell“ entwickeln, bei dem die Wirtschaft der Natur angepasst wird und nicht umgekehrt.

Schon jetzt werden beispielsweise in Deutschland pro Kopf viermal so viele Ressourcen verbraucht, wie uns global gesehen eigentlich zur Verfügung stehen würden. Auch im Wendland ist der „ökologische Fußabdruck“ unseres Lebens und Wirtschaftens zu hoch. Die Menge des CO2-Ausstoßes pro Person beispielsweise ist hier nicht bedeutend niedriger als im Rest von Deutschland – und damit noch deutlich zu hoch, wenn wir eine enkeltaugliche Zukunft anstreben.

Zu einer Abendveranstaltung im Ostbahnhof in Dannenberg hatte die hiesige grüne Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden eingeladen. Mit dabei: der umweltpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion Peter Meiwald, die Umweltwissenschaftlerin und Journalistin Anja Humburg sowie Reinhard Siebolds, Sprecher vom Grünen Ortsverband Elbtalaue.

Peter Meiwald legte das Ziel der doppelten Entkopplung dar:  Wirtschaftliche Entwicklung solle entkoppelt werden vom Ressourcenverbrauch, damit dieser nicht weiter steige, sondern sinken könne. Außerdem sei erstrebenswert, Lebensqualität von Wirtschaftswachstum zu entkoppelt.

Die Umweltwissenschaftlerin und Journalistin Anja Humburg ergänzte die Ausführungen mit positiven praktischen Beispielen, wie der gemeinschaftsorientierten Landwirtschaft (CSA) in Tangsehl. Dort werden deren Mitglieder mit Früchten der Saison versorgt und zahlen dafür einen festen Monatsbeitrag. Sie fordert ein „essentielles Praktizieren von postkollapsfähigen Kulturtechniken“. Sie sagt, in diesem Fall seien Gruppen der Bevölkerung weiter als die Politik. Die „Degrowth-Bewegung“ hat schon eine große Breite und Dynamik erreicht. Gerade unter jungen Leuten sei das Bewusstsein für ein Ende des Wachstums weit verbreitet.

Reinhard Siebolds stellte den Bezug zur kommunalpolitischen Ebene her. Er fordert die Rekommunalisierung von den wichtigen Diensten zur Daseinsvorsorge. Für ihn ist es eine kulturelle Lebensstilfrage, sich wieder mehr auf regionale Kreisläufe zu besinnen.

Die Diskussion mit dem Publikum drehte sich um philosophische Grundsatzfragen einerseits, aber auch um konkrete praktische Beispiele und Herausforderungen vor Ort.  Die Debatte wird auch im Wendland fortgesetzt werden: So soll das Thema beispielsweise im Rahmen des „Masterplan Klimaschutz“ weiter bearbeitet werden. Dafür ist geplant eine Arbeitsgruppe Suffizienz beim Landkreis einzurichten, die weitere Schritte für die praktische Umsetzung erarbeiten will.

Das Resümee von Moderatorin Julia Verlinden klingt positiv: „Es bleibt unser Ansporn, die Lebensqualität im ländlichen Raum zu erhöhen und dies nicht auf Kosten der Natur oder zukünftigen Generationen.  Das Wendland hat sowohl durch seine natürliche Vielfalt, als auch durch seine kreativen Menschen die besten Voraussetzungen für eine spannende gesellschaftliche Transformation und für Pioniere einer ganz neuen Postwachstums-Kultur.“