Der Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft (BDWi) hatte Bundestagsabgeordnete dazu eingeladen, sich im Rahmen eines Kurz-Praktikums in ihrem Wahlkreis über die Arbeit eines Dienstleisters zu informieren. Ich hatte mich entschieden, bei einem Architekten „reinzuschnuppern“, schließlich haben ArchitektInnen eine wichtige Rolle bei der Energiewende. So wird nicht nur ein Großteil der Energie im Bereich Gebäude verbraucht, dort liegt auch noch ein großes Effizienzpotential.
Ralf Pohlmann, Architekt aus Kiefen (Waddeweitz) im Landkreis Lüchow-Dannenberg, bot mir im Herbst einen spannenden Praxistag an. Sein Büro besteht aus drei Architekten. Vor allem zwei aktuelle Projekte konnte ich durch Besuche auf den Baustellen kennen lernen: Die Sanierung des Amtsturms in Lüchow und der Neubau der Grundschule in Clenze.
Der Amtsturm, der auch ein kleines Museum beherbergt, ist der einzige Rest des größeren Schlosses, das jedoch bereits vor längerer Zeit abgebrannt ist. Der Turm bekam nun endlich ein neues Dach, nachdem es jahrzehntelang dort hineingeregnet hatte. Es war spannend, außen am Turm mit dem Baustellen-Fahrstuhl hoch zu fahren, die Baumaßnahmen erklärt zu bekommen und zugleich die tolle Aussicht auf Lüchow und Umgebung zu genießen. Bereits vor einiger Zeit war der Park am Amtsturm neu gestaltet worden − mit einer kleinen Bühne und Wegen, die die Grundmauern des ehemaligen Schlosses nachbilden sollen.
Nachmittags ging es nach Clenze, wo ein Neubau für die Grundschule errichtet wird. Man hatte 2009 nach einem Energiegutachten festgestellt, dass eine Sanierung des bestehenden Gebäudes nicht günstiger würde und mit mehr Risiken bzgl. der Bausubstanz verbunden wäre. Daher entschieden sich die politischen Gremien für einen Neubau.
In der Schule oder dem Architekturbüro ist jeden Dienstag ein Jour Fixe für die Projektbesprechung mit der Schulleiterin Frau Wilke, VertreterInnen der Samtgemeindeverwaltung, dem Architekturbüro und verschiedenen Gewerken, die am Neubau beteiligt sind. Manchmal sind auch der Bürgermeister und/oder VertreterInnen aus dem Gemeinderat dabei.
Das interessante an diesem Projekt: Erst wurde über das Lern-Konzept nachgedacht und dann das Gebäude drumherum geplant. Dafür gab es Zukunftswerkstätten. Außerdem war eine Gruppe aus LehrerInnen, Eltern, KommunalpolitikerInnen und Architekt auf Exkursion und hat sich u.a. in der Schweiz Anregungen geholt, um schließlich ‚Lernlandschaften‘ umzusetzen. LehrerInnen werden so zu ‚Lernbegleitern‘ und die Kompetenzen der SchülerInnen stehen im Vordergrund.
Eine besondere Herausforderung für LehrerInnen und SchülerInnen ist im Augenblick, dass ein Teil der alten Schule bereits abgerissen wurde, weil man Platz für den Neubau brauchte. So muss die Schule während der Bauarbeiten mit weniger Platz auskommen. Das neue Schulgebäude wird „klimaneutral“ sein, mit Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und Nahwärmeversorgung aus einem Biogas-Blockheizkraftwerk in der benachbarten Gesamtschule. Nach den Sommerferien 2016 soll das neue Gebäude bezogen werden.
Ich erfuhr auch spannendes über das Thema ‚Lichtplanung‘: Architekten machen zuerst eine Tageslichtanalyse, bevor über die Menge und Art an Kunstlicht entschieden wird. Das spart Energie. Wie bereits in einigen Bürogebäuden werden auch in Schulen verstärkt Bewegungsmelder statt Lichtschalter eingesetzt – auch das hilft beim Stromsparen.
Alles in allem hatte ich einen spannenden Praxistag, auf dem ich hautnah mitbekommen konnte, wie komplex Bauprojekte sind, und wie wichtig die Rolle der ArchitektInnen ist, um die Bedürfnisse der GebäudenutzerInnen herauszufinden und entsprechende Konzepte vorzulegen.