Auch mehr als 40 Jahre nach seiner Fertigstellung ist das Schiffshebewerk in Scharnebeck ein beeindruckendes Bauwerk. Zwei Stahltröge heben Schiffe über 38 m von der Elbmarsch auf den Geestrücken der Lüneburger Heide. Gleichzeitig ist der Elbe-Seitenkanal eine wichtige Güterverkehrsroute zur umweltverträglichen Abwicklung des Hafenhinterlandverkehrs. Und die Prognosen gehen von einer wachsenden Bedeutung aus. Damit der Elbe-Seitenkanal sein Potential jedoch voll ausschöpfen und den zukünftigen Anforderungen gerecht werden kann, ist eine Erweiterung des Schiffshebewerks notwendig.
Die Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg hatte Julia Verlinden und ihre regionalen Bundestags-KollegInnen von SPD, CDU und LINKE zu einem Vor-Ort-Termin nach Scharnebeck eingeladen, um über die Situation am Schiffshebewerk zu informieren und die geplanten Ausbau-Maßnahmen vorzustellen.
Der Neubau einer Schleuse ist erforderlich, damit Großmotorgüterschiffe mit 110 Metern Länge sowie übergroße Motorgüterschiffe von 135 Metern Länge den Elbe-Seitenkanal passieren können Für die Erweiterung der Anlage durch ein neues Abstiegsbauwerk mit einer Nutzlänge von 185 Metern werden derzeit Kosten in Höhe von 250 Mio. € veranschlagt. Nach dem Willen regionaler Wirtschaftsunternehmen und der Industrie- und Handelskammer soll dieses Projekt mit hoher Dringlichkeitseinstufung in den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) aufgenommen werden. Und auch von Seiten der Landesregierungen von Niedersachsen und Hamburg, der Parteien und der Umweltverbände gibt es Unterstützung für das Vorhaben – selten hat es für ein Infrastrukturprojekt eine solch große Zustimmung gegeben.
Es sind aber die Details, an denen sich die Unterschiede zeigen. Denn häufig wird mit der Ausbau der Schleuse auch gleichzeitig der Ausbau der A39 gefordert. Wir Grüne sehen es genau anders herum: Der Schleusenneubau ist eine Alternative zur A39.
Derzeit wird im Bundesverkehrsministerium am neuen BVWP gearbeitet, der Ende des Jahres vorgelegt werden soll. Eine erste Vorortuntersuchung der angemeldeten Projekte hat das Bauvorhaben Schleuse Scharnebeck nur mit Ach und Krach bestanden. Hintergrund ist die angewandte BVWP-Bewertungsmethodik, die jedoch ungeeignet ist, um Netzwirksamkeit und Verlagerungseffekte des Vorhabens voll zu berücksichtigen. Sie berücksichtigt nicht den Effekt, dass der Ausbau bis zu 15% mehr Güter aufs Wasser verlagern könnte. Dies hat zur Folge, dass Straßen bei dieser Analyse besser abschneiden. Daher hat das Land Niedersachsen in einem Bundesratsantrag eine Überarbeitung der Methodik gefordert, indem ein eigenes Verlagerungskriterium in die Bewertung eingeführt wird.
„Das Vorhaben Schleuse Scharnebeck beweist, dass der BVWP 2015 kein Neubeginn ist, sondern die Fortsetzung der gescheiterten „Wünsch-Dir-Was-Liste“ mit dem Schwerpunkt auf Straßenneubauten zur ‚politischen Landschaftspflege‘“ stellte Julia Verlinden nach dem Besuch fest. „Das BMVI ignoriert damit komplett den klimapolitischen Gestaltungsspielraum der Infrastrukturpolitik. Wir Grüne stehen klar hinter dem Neubau der Schleuse, denn diese wäre wichtig, um Verkehr von der Straße aufs Binnenschiff zu verlagern und somit Lärm, CO2-Emissionen und Belastungen für die Straßen-AnwohnerInnen zu vermeiden.“