Zur heutigen abschließenden Beratung des Bundesteilhabegesetz im Bundestag erklärt Julia Verlinden, grüne Bundestagsabgeordnet für Lüneburg und Lüchow-Dannenberg:
Union und SPD haben die Chance vertan, ein modernes Teilhaberecht zu schaffen. Im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention wäre es an der Zeit, behinderten Menschen die gleichen Rechte und Möglichkeiten zu garantieren, wie nichtbehinderte Menschen sie selbstverständlich genießen. Das leistet das Teilhabegesetz bei Weitem nicht. Die Koalition lügt sich in die Tasche, wenn sie sich jetzt zu ihrer großen Leistung selbst gratuliert.
Trotz Teilhabegesetz bleibt das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen an empfindlicher Stelle eingeschränkt. Nach wie vor können sie gezwungen werden, aus der eigenen Wohnung in ein Heim umzuziehen. Das widerspricht Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention, wonach eine unabhängige Lebensführung gewährleistet sein muss.
Die besonderen Interessen von Menschen mit sehr hohem Unterstützungsbedarf wurden im Entwurf der Großen Koalition von Beginn an ignoriert. Diese Menschen stehen weiterhin schlecht da. Ebenso wenig wird sich die Situation von Asylsuchenden und Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus verbessern. Diese besonders verletzlichen Personengruppen lässt die Koalition im Regen stehen.
Mit diesem Gesetz hat die Bundesregierung viel Vertrauen bei Menschen mit Behinderungen und ihrem Umfeld verspielt. Auch die Last-Minute Änderungen, mit denen die Regierungsfraktionen vor drei Tagen um die Ecke kamen, ändern daran nicht viel.
Der große Einsatz von Betroffenen und Verbänden in Zusammenarbeit mit den grün mitregierten Bundesländern ist es zu verdanken, dass es einige Verbesserungen am Regierungsentwurf gab. Dennoch habe ich dem Gesetz nicht zugestimmt, weil dieses Gesetz den Namen Bundesteilhabegesetz nicht verdient hat.
Hier finden Sie die persönliche Erklärung zur Abstimmung, die ich gemeinsam mit weiteren Abgeordneten meiner Fraktion abgegeben habe.