Sexualstrafrecht: Nein heißt Nein – besserer rechtlicher Schutz notwendig

6. August 2015
Bundestagskuppel Vogelperspektive
©Claudio Schwarz/unsplash

Zu notwendigen Änderungen des Sexualstrafrechts, erklärt Dr. Julia Verlinden, grüne Abgeordnete für den Wahlkreis Lüneburg / Lüchow-Dannenberg und die Region Nord-Ost-Niedersachsen:

Es gibt zu viele Fälle sexueller Übergriffe, die von den Gerichten nicht unter den Tatbestand der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung gefasst werden oder gar nicht zur Anklage kommen. Diese Mängel im Sexualstrafrecht sind nicht hinnehmbar. Nein heißt Nein – dieser Grundsatz muss gelten, egal ob dem Opfer Gewalt angedroht wurde oder nicht.

Bisher muss gemäß § 177 Strafgesetzbuch (StGB) für eine Vergewaltigung Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder die Ausnutzung einer schutzlosen Lage des Opfers gegeben sein. Wir Grüne wollen das ändern, deswegen haben wir einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Wenn die Arg- oder Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt wird oder gegen den erkennbar zum Ausdruck gebrachten Willen gehandelt wird, muss dies ebenfalls als strafbare Tat gelten. Hierzu ist keinerlei Gewaltanwendung oder anderer Nötigungsmittel seitens des Täters mehr Bedingung.

Der nun von Bundesjustizminister Maas vorgelegte Reformvorschlag reicht nicht aus, um Opfer sexueller Handlungen lückenlos zu schützen und internationale Vorgaben umzusetzen. Die EU-Istanbul-Konvention verlangt, dass alle Formen vorsätzlich nicht einverständlicher sexueller Handlungen unter Strafe gestellt werden. Es kommt nicht darauf an, ob das Opfer dem Täter gegenüber Widerstand leistet. Der Entwurf des Justizministers sieht vor, dass im Strafverfahren bewiesen werden muss, dass das Opfer im Falle einer Widerstandshandlung bei der Tat ein empfindliches Übel zu befürchten hatte. Damit greift der Vorschlag des Justizministeriums deutlich zu kurz.

Die einzig konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention basiert auf der Lösung „Nein heißt Nein“. Es muss für die Strafbarkeit von sexuellen Misshandlung genügen, dass das Opfer seinen entgegenstehenden Willen erkennbar zum Ausdruck gebracht hat. Der grüne Gesetzentwurf will die Strafbarkeitslücken im deutschen Sexualstrafrecht schließen. Der Entwurf des Justizministeriums muss im Verlaufe des parlamentarischen Verfahrens dringend nachgebessert werden, damit auch im deutschen Recht Opfer umfassend vor sexueller Misshandlung geschützt sind.

Grüner Gesetzesentwurf unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/053/1805384.pdf