Koalition schließt behinderte Menschen von Europawahl aus – auch Abgeordneter Pols blockiert Inklusion

19. März 2019
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Zur Abstimmung über ein inklusives Wahlrecht für alle im Bundestag erklärt Julia Verlinden, Bundestagsabgeordnete für Lüneburg und Nordostniedersachsen:

„Die Koalitionsfraktionen haben in den vergangenen Monaten ein erbärmliches Schauspiel geliefert. Statt einen eigenen Gesetzentwurf für ein inklusives Wahlrecht einzubringen oder sich einem der Gesetzentwürfe der Opposition anzuschließen, haben Union und SPD lediglich einen unverbindlichen Antrag im Bundestag beschlossen. Die Regierungsfraktionen nehmen damit in Kauf, dass 85.000 Bürgerinnen und Bürger von der Europawahl im Mai ausgeschlossen bleiben, obwohl das Bundesverfassungsgericht den pauschalen Ausschluss vom Wahlrecht für verfassungswidrig erklärt hat.

Auch der Lüneburger CDU-Abgeordnete Eckhard Pols hat die konkreten Gesetzesinitiativen von Grünen, Linken und FDP abgelehnt und damit die zeitnahe Änderung des Wahlrechts noch vor der Europawahl verhindert. Das aktuelle Verhalten von Union und SPD widerspricht auch dem eigenen Koalitionsvertrag, der vorsieht, ein inklusives Wahlrecht zu schaffen. Doch bis heute haben die Regierungsfraktionen keinen entsprechenden Entwurf vorgelegt – im Gegensatz zu drei der Oppositionsfraktionen.“

Gemeinsamer Gesetzentwurf der Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wahlrecht

Hintergrund:

Nach §13 Bundeswahlgesetz und §6a Europawahlgesetz sind alle Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen, die in allen Angelegenheiten unter rechtlicher Betreuung stehen oder schuldunfähig eine Straftat begangen haben. Betroffen sind davon insgesamt knapp 85.000 Personen. Das Bundesverfassungsgericht hat die pauschalen Wahlrechtsausschlüsse bei Bundestagswahlen mit Beschluss vom 29.1.2019 für verfassungswidrig erklärt.

Union und SPD haben im Koalitionsvertrag festgelegt, ein inklusives Wahlrecht zu schaffen, und im Dezember 2018 angekündigt, einen entsprechenden Gesetzentwurf im Januar vorzulegen. Das ist bis heute nicht geschehen. Stichtag für die Anpassung der Wählerverzeichnisse ist 42 Tage vor der Europawahl, also der 14. April 2019. Eine Anpassung des Wahlrechts wäre also noch rechtzeitig zur Europawahl möglich.