Jetzt mit der Initiative „worst first“ vorsorgen – 5-Punkte-Plan für die nächsten Winter

9. Januar 2023

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine stellt uns aktuell vor große Herausforderungen: Putin nutzt den Stopp von Energielieferungen als Waffe gegen Europa, das solidarisch an der Seite der Ukraine steht. Hohe Preise für fossile Brennstoffe und drohende Energieknappheit sind die Folge. Die Ampel-Koalition hat schnell reagiert und zahlreiche Maßnahmen für unsere Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit für diesen Winter ergriffen.

Mit mehreren Entlastungspaketen haben wir weitreichende und zielgerichtete Entlastungen für Menschen und Unternehmen verabredet. Damit zeigen wir: Wir stehen als Gesellschaft in dieser Krise solidarisch zusammen und helfen da, wo es nötig ist.

Vorausschauende Politik muss den Blick aber schon jetzt auf den nächsten Winter richten. Denn es ist sehr wahrscheinlich, das auch 2023/2024 die Preise nicht wieder auf das Vorkriegs-Niveau sinken werden. Auch die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen wird bis dahin nicht vollständig überwunden sein. Doch durch kluge Weichenstellungen heute können wir Abhängigkeit und Kosten von morgen erheblich reduzieren.

Eine wesentliche Entscheidung haben wir als Ampel-Mehrheit im Bundestag schon im Juli getroffen: Wir haben den Turbo für den Ausbau der Erneuerbaren Energien angeworfen und viele Rahmenbedingungen verbessert, damit vor allem die günstige Sonnen- und Windenergie viel schneller einen größeren Teil unserer Energieversorgung übernehmen.

Nun geht es darum, den Energieverbrauch insbesondere von Öl und Gas dauerhaft zu senken. Damit packen wir das Problem hoher Abhängigkeit und hoher Kosten von fossiler Energie an der Wurzel.

Im Sommer hat das Kabinett befristete Verordnungen beschlossen, die in der aktuellen Notlage den Energieverbrauch reduzieren – sei es beim Heizen in öffentlichen Gebäuden oder bei der Beleuchtung von Werbeflächen.

Ein neues Energieeffizienzgesetz steht in den Startlöchern, um breite und nachhaltige Einsparungen durch Unternehmen und die öffentliche Hand zu flankieren.

Am meisten zu holen ist aber bei alten Gebäuden, die nicht auf dem Stand der Technik sind. Sie verschwenden teure Energie und verursachen hohe Rechnungen für ihre Bewohner*innen und Nutzer*innen.

Ideal wäre, so viele Gebäude wie möglich sofort zu modernisieren. Doch Material und Fachkräfte stehen nur begrenzt zur Verfügung. Daher haben wir uns in der Ampel bereits auf das Prinzip „worst first“ geeinigt: Ab sofort soll die Sanierung derjenigen Häuser besondere politische Unterstützung bekommen, die am meisten Energie verbrauchen. Diese Häuser finden sich in den beiden schlechtesten Energieeffizienzklassen G und H. Durch Dämmung und gute Heiztechnik bei diesen Wohngebäuden kann man beim Zielstandard Effizienzhaus 55 eine Reduzierung des Endenergieverbrauchs um fast 80 Prozent erreichen. Der Endenergieverbrauch im gesamten Wohngebäudesektor würde so um rund ein Drittel sinken, die CO2-Emissionen sogar bis zur Hälfte. Das bedeutet eine enorme und dauerhafte Senkung bei den Heizkosten. Zugleich wird damit der größte Beitrag für den Klimaschutz geleistet.

Besonderes Augenmerk muss dabei auf den Häusern liegen, die vermietet werden. Denn Vermieter*innen leiten die hohen Heizkosten einfach an die Mieter*innen weiter. Dadurch haben die Eigentümer*innen aktuell keinen echten Anreiz, in Dämmung und moderne Heiztechnik zu investieren. Hier braucht es einen anderen Rahmen, der zu Investitionen motiviert und bei der Umsetzung unterstützt.

Wir machen mit der Initiative „worst first“ konkrete Vorschläge, wie es bei der Sanierung schnell und wirksam weitergehen kann. Mit folgendem 5-Punkte-Plan können wir jetzt das Worst-First-Prinzip umsetzen und das Mieter-Vermieter-Dilemma anpacken – unsere Vorschläge im Einzelnen:

1) Bonus für Energieberater*innen, die einen geförderten Sanierungsfahrplan erstellen oder Energieberatung für Häuser der Kategorie G und H durchführen (z.B. 300 Euro zusätzlich pro Fall).

2) Ergänzung der Förderung von Worst-First-Gebäude-Sanierung durch eine Sprinterprämie, wenn der Antrag auf Förderung einer Sanierung auf einen modernen Effizienzhaus-Standard 55 oder 40 im Rahmen der Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) bis September 2023 gestellt wird, auf 20% (bisher beträgt der Worst First Bonus 10% Extra-Tilgungszuschuss).

3) Push für Serielles Sanieren: Im Rahmen der BEG erhöhen wir für die ersten 10.000 Wohnungen, die mithilfe der seriellen Sanierung ertüchtigt werden, den Förderanteil auf den maximal möglichen Anteil von 60 % (bisher gibt es maximal 45-55% Tilgungszuschuss). Bei der seriellen Sanierung werden innovative Möglichkeiten zur industriellen Vorfertigung einzelner Bauteile genutzt sowie aufeinander abgestimmte Sanierungselemente und digitale Prozesse eingesetzt. So kann das Tempo bei der energetischen Gebäudesanierung erhöht und das Nadelöhr „Handwerker*innen“ entschärft werden. Die Förderung geht direkt an Bauwirtschaft und Wohnungswirtschaft.

4) Vermieter*innen am CO2-Preis beteiligen: Seit 2021 wird beim Heizen mit Öl oder Erdgas eine zusätzliche CO2-Abgabe erhoben. Bisher mussten Mieter*innen diese Kosten allein tragen. Am 1. Januar 2023 trat ein Gesetz in Kraft, demnach Vermieter*innen von Wohn- und Nichtwohngebäuden an diesen Kosten beteiligt werden. Dieses Gesetz wird mit steigendem CO2-Preis einen wachsenden Lenkungseffekt haben und damit die Aufgabe von Vermieter*innen hervorheben, Mietshäuser mit klimafreundlichen Heizsystemen auszustatten und für eine gute Dämmung zu sorgen.

5) Mindestenergiestandards jetzt einführen: Was in anderen europäischen Ländern bereits geregelt ist, schafft Planungssicherheit und fehlt in Deutschland noch, die sogenannten MEPS (Minimum Energy Performance Standards). Die Mindeststandards werden sofort auch hierzulande festgelegt und Umsetzungsfristen je nach Gebäudeklasse festgelegt. Damit haben Eigentümer*innen Planungssicherheit und klare Vorgaben, bis wann sie ihre Gebäude energetisch verbessern müssen. Dabei beginnen wir mit den schlechtesten Gebäudeeffizienzklassen G und H. Insgesamt wären so etwa 30 % des Gebäudebestandes erfasst. Dieses Instrument vermeidet teure Fehlinvestitionen und stellt sicher, dass Eigentümer*innen ab sofort jegliche sowieso notwendige Investition am Gebäude bereits auf diesen Zielstandard ausrichten können.

Mit diesen Maßnahmen wollen wir die Weichen stellen über den kommenden Winter hinaus und sorgen dauerhaft dafür, den absoluten Energieverbrauch zu reduzieren. Von der Initiative „worst first“ profitieren am Ende alle, weil die Nachfrage am Energiemarkt sinkt und so der Preisdruck insgesamt abnimmt. Gleichzeitig kommen wir beim Klimaschutz spürbar voran.

Damit weder Vermieter*innen noch Mieter*innen durch Sanierungskosten überfordert werden, helfen staatliche Fördermittel für die Sanierung sowie eine Neugestaltung der Umlageverfahren für die Kosten energetischer Maßnahmen. So wird die Initiative „worst first“ Teil einer vorausschauenden, sozialen und klimaschonenden Bau- und Wohnungspolitik.

Jetzt mit der Initiative „worst first“ vorsorgen – 5-Punkte-Plan für die nächsten Winter. (Download)