Grünes Fachgespräch: KWK-Förderung neu ausrichten

21. November 2014
Bundestagskuppel Vogelperspektive
©Claudio Schwarz/unsplash

2015 steht eine Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) an, das die Förderung dieser energiesparenden Kraftwerkstechnologie regelt. Dabei stellt sich nicht nur die Frage, ob und wie die Förderung hocheffizienter KWK künftig weitergeführt werden soll, sondern auch, welche Rolle diese Technologie im Umbauprozess hin zu einer vollständig regenerativen Energieversorgung in den kommenden Jahren spielen kann. Um diese Fragen zu diskutieren, waren am 12. November 2014 rund 50 TeilnehmerInnen der Einladung der Grünen Bundestagsfraktion zum Fachgespräch gefolgt.

KWK schützt das Klima

In seiner Begrüßung wies Fraktionsvize Oliver Krischer darauf hin, dass die KWK aus Sicht der Grünen eine CO2-arme Energieversorgungsoption für den Übergang zu 100 Prozent Ökostrom darstelle. Daher gehe es bei der anstehenden Gesetzesnovelle darum, die Stellschrauben so zu justieren, dass die KWK optimal mit den Zielen der Energiewende – Klimaschutz und Umstieg auf Erneuerbare – zusammenpasse.

Sabine Gores vom Öko-Institut betonte, dass der weitere Einsatz der KWK den Strom- und Wärmebedarf insgesamt reduzieren müsse („KWK: Die Suche nach dem richtigen Kompass“). Mit Kohle betriebene KWK-Anlagen passten mit ihrem hohen CO2-Ausstoß nicht zu den Klimazielen. Die Förderbedingungen für KWK müssten sich künftig klar nach der CO2-Reduktion auszurichten, nach Brennstoffen differenziert werden und den Beitrag der jeweiligen Kraftwerke zur Systemstabilität einbeziehen. Das Öko-Institut schlägt dafür ein Hybridmodell vor, in der sich der Förderbetrag für ein Kraftwerk aus einer Leistungs- und aus einer Arbeitskomponente zusammensetzt. 

Speicherförderung sinnvoll

Wärmenetze und -speicher über das KWK weiterhin zu fördern, erachtet Gores als sinnvoll. Der primäre Nutzen der KWK sei die Wärmeerzeugung. Will man die Anlagen dagegen flexibel je nach Strombedarf betreiben, braucht es Wärmespeicher, wo die überschüssige Wärme zwischengelagert und bei Bedarf entnommen werden kann. Zudem könnten Wärmenetze die Versorgung in verdichteten Gebieten sichern und etwa alle 15 Jahre Handlungsspielräume für den Einsatz kohlenstoffärmerer Brennstoffalternativen eröffnen.

Die Grundprobleme des Strommarktes – Überkapazitäten, Preisverfall, fehlende Steuerung durch Preissignale und zu niedrige CO2-Preise  – könne die Neufassung des KWKG allein jedoch keinesfalls beheben. Dafür müsse der Strommarkt generell neu geordnet werden. Insbesondere der Betrieb von gasgetriebenen KWK-Kraftwerken in der allgemeinen Versorgung ist zurzeit wegen der niedrigen Börsenpreise für Strom nicht wirtschaftlich darstellbar. Unter den gegebenen Bedingungen können sich im Bestand nur noch die wesentlich klimaschädlicheren Kohle-KWK halten. Ein deutliches Anheben der Förderung für den Neubau von klimafreundlichen Gas-Anlagen und eine zusätzliche Bestandsförderung für Gas-KWK könnten hier geeignete Anreize setzen.

Neues Strommarktdesign muss her

Auch Thies Clausen von der Agora Energiewende ging in seinem Vortrag auf die Probleme des bestehenden Strommarktdesigns ein („Wie passt KWK ins künftige Strom- und Wärmesystem?“). Eine volkswirtschaftlich unvorteilhafte Ausgestaltung von Umlagen, Netzentgelten und Befreiungen schaffe zusätzliche Verzerrungen und falsche Anreize sowohl für die Stromerzeugung als auch für das Lastmanagement auf der Verbrauchsseite. So lieferten beispielsweise industrielle KWK-Anlagen auch dann noch Strom, wenn schon große Mengen erneuerbar erzeugten Stroms im Netz seien. Er gab zudem zu bedenken, dass durch die EEG-Novelle vom Sommer 2014 der Zubau an Biogas betriebener KWK de facto abbrechen werde. Damit falle ein Treiber des bisherigen KWK-Ausbaus beinahe vollständig weg. 

Künftig müssten die Förderbedingungen daher in erster Linie darauf ausgerichtet werden, die Effizienz des Gesamtsystems zu erhöhen. Bei intelligenter und differenzierter Ausgestaltung könne die KWK-Förderung einen wichtigen Beitrag zur Neugestaltung des Strommarktes leisten. Das Gesetz müsse dafür sorgen, dass zumindest hocheffiziente Gas-KWK in den nächsten Jahren nicht aus dem Markt gedrängt und Anlagen sinnvoll flexibilisiert würden.

Investitionssicherheit beachten

Matthias Krause, Geschäftsführer der Stadtwerke Halle GmbH, warnte davor, das 25%-Ziel für den KWK-Ausbau aufzugeben („Wie erhält man Investitionssicherheit beim KWK-Ausbau?“). Das würde einen erheblichen Rückschlag für die Investitionssicherheit von Kraftwerksplanungen bedeuten, auf die sich Stadtwerke in ihren bisherigen Investitionsentscheidungen verlassen hätten. 

Er forderte ebenfalls eine Reform des Emissionshandels und eine Neuordnung des Strommarktes, da unter den gegebenen Bedingungen KWK-Anlagen stillgelegt werden müssten und keine Neuinvestitionen möglich seien. Um die Klimavorteile von Erdgas gegenüber Kohle zur Geltung zu bringen, sei die Einführung einer CO2-Steuer denkbar. Im Bereich der Abgaben für unterschiedliche Anlagentypen müsse zudem Wettbewerbsgleichheit hergestellt werden.

Im Blick auf die Gesetzesnovelle regte er eine zusätzliche Förderung des KWK-Anlagenbestandes an, beispielsweise in Form einer Kapazitätsprämie. Für Neubau und Modernisierung von KWK-Anlagen sei zudem ein höherer Fördersatz notwendig, auch sollten Investitionszuschüsse für Netz- und Speicherausbau steigen.

Bürokratische Hürden abbauen

Heinz Ullrich Brosziewski vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung wies auf die hohen bürokratischen Hürden insbesondere für kleine und mittlere KWK-Anlagen hin. Durch die unterschiedlichen Regelungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz, im Energiewirtschaftsgesetz und im KWK-Gesetz sei es gerade für kleinere Betreiber nur schwer möglich, ohne die aufwändige Begleitung durch Fach-Berater KWK-Projekte zu realisieren. Dies stehe den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten vor allem von Kleinanlagen massiv entgegen.

Brosziewski plädierte daher neben der notwendigen Neuordnung des Strommarktes vehement dafür, das Genehmigungs- und Besteuerungsverfahren im Bereich der sogenannten Mikro- und Mini-KWK zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.

Breite Einigkeit bestand in der Runde, dass KWK zu einer klimaverträglichen und bedarfsgerechten Strom- und Wärmeversorgung beitragen kann und daher für die nächste Dekade eine sinnvolle Ergänzung zu den fluktuierenden Erneuerbaren Energien im Strommarkt sei. Für den flexiblen und systemkonformen Betrieb seien allerdings Wärmespeicher sowie Fern- und Nahwärmenetze von entscheidender Bedeutung. Ein weiterer positiver Effekt des KWK-Einsatzes zeige sich im industriellen Bereich. Wenn KWK-Anlagen neu zum Einsatz kämen, würden durch die notwendige Umrüstung häufig weitere Innovationen angestoßen wie beispielsweise die Nutzung von Abwärme.

Klimafreundliche KWK besser fördern

Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion, sicherte in ihrem Fazit zu, dass die grüne Bundestagsfraktion die herausgearbeiteten Aspekte für eine klimafreundliche und systemdienliche KWK in die anstehende Diskussion über die Gesetzesnovelle einbringen und sich weiter mit Nachdruck für eine energieeffiziente und klimaschonende Energieversorgung stark machen werde. Grüne Leitlinie sei dabei,

  • am 25-%-Ziel für KWK-Strom bis 2020 festzuhalten,
  • Kohle-KWK von der Förderung auszuschließen,
  • den Bestand an hocheffizienter KWK durch eine zusätzliche Förderung sicherzustellen sowie
  • Neubau und Modernisierung von KWK-Anlagen und den Bau von Wärmespeicher weiterhin zu fördern und diese Förderung an CO2-Ausstoß, Wirkungsgrad und Anpassungsfähigkeit der Anlage ans elektrische Versorgungssystem („Systemdienlichkeit“) zu koppeln.