Energiekosten: Regierung räumt Industrie hohe Rabatte ein, ohne Gegenleistungen einzufordern
20. Juli 2016Zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage ‚Energieeffizienzanforderungen für Unternehmen zur Beantragung der Befreiung von Teilen der Energiekosten‘ erklärt Dr. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen:
„Die Bundesregierung räumt der energieintensiven Industrie bei den Energiekosten riesige Rabatte ein, ohne angemessene Gegenleistungen beim Energiesparen einzufordern. Im Gegenteil, die Regierung setzt mit ihren Ausnahmeregelungen regelrechte Anreize, möglichst viel Energie zu verschwenden. Ob bei der EEG-Umlage, bei Netzentgelten oder Strom- und Energiesteuern: Rabatte und Befreiungen gibt es, auch wenn keine Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt werden.
Eine solche Subventionspolitik schadet nicht nur der Energiewende und dem Klimaschutz, sie ist auch in hohem Maße ungerecht. Denn die Geschenke für die Industrie müssen im Gegenzug von den anderen Verbrauchern quersubventioniert werden. Das sind kleine und mittlere Unternehmen, private Haushalte oder die öffentliche Hand.
Wäre es der Bundesregierung wirklich ernst mit der Energieeffizienz, müssten Unternehmen Energiesparmaßnahmen nachweisen, bevor sie Rabatte bekommen. Das hatte die Große Koalition nicht nur im Koalitionsvertrag verabredet, sondern das gebietet auch der gesunde Menschenverstand.
Die Bundesregierung muss die Umsetzung von Effizienzmaßnahmen bzw. das Erreichen von Effizienzbenchmarks endlich zur Mindestvoraussetzung für Industrie-Rabatte machen. Anstatt anzukündigen, sich in Brüssel zu dem Thema ‚Effizienzanforderungen an Unternehmen‘ einzubringen, sollte die Bundesregierung endlich hierzulande ihre Hausaufgaben machen!“
Hintergrund:
Die Bundesregierung gewährt Unternehmen auf Antrag und bei Vorliegen der Voraussetzungen zahlreiche Vergünstigungen bei Energiepreisen. Dazu gehören Rabatte zur EEG-Umlage im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung, bei Netzentgelten (plus Offshore-Umlage), Stromsteuer (u.a. sogenannter Spitzenausgleich) und Energiesteuer („Ökosteuer“ auf Erdöl und Erdgas), KWK-Umlage und Zuteilung kostenloser Emissionshandelszertifikate. Oft werden diese Rabatte mit hohen Energiekosten der Unternehmen und Erhalt deren Wettbewerbsfähigkeit begründet. Doch nur bei drei dieser Vergünstigungen müssen die Antragsteller ihre eigenen Bemühungen darstellen, Energie effizienter zu nutzen – und damit selbst eine wichtige Voraussetzung dafür schaffen, dass ihre Energiekosten sinken. Auch plant die Bundesregierung nach eigenen Angaben keine Vereinheitlichung oder strengere Energieeffizienzanforderungen an die verschiedenen Vergünstigungen für Unternehmen.
Bei der Rabattierung der EEG-Umlage gibt sich die Bundesregierung beispielsweise i.d.R. mit dem Nachweis eines sogenannten Energiemanagementsystems zufrieden. D.h., dass die Unternehmen ihren Energieverbrauch erfassen und dokumentieren, ggf. Effizienzpotentiale notieren. Doch Maßnahmen, z.B. das Umrüsten der Maschinen, damit Effizienzpotentiale auch tatsächlich gehoben werden, sind bisher keine Bedingung für die Rabatte. Bei der Gewährung des Spitzenausgleichs (Stromsteuer) ist lediglich eine Bedingung, dass die Gesamtheit des produzierenden Gewerbes Effizienzziele in einem bestimmten Zeitraum erreicht.
Bei der kostenlosen Zuteilung von Emissionshandelszertifikaten werden sogenannte Benchmarks zur Bedingung gemacht: Wer sein Produkt mit mehr CO2 erzeugt als die 10 Prozent der effizientesten Anlagen, die dasselbe Produkt herstellen, kann keine kostenlosen Zertifikate erhalten.
Zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen „Energieeffizienzanforderungen für Unternehmen zur Beantragung der Befreiung von Teilen der Energiekosten“