Blickt man auf die Zeit zurück, als die Erneuerbaren Energien in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckten, gerät man aus heutiger Sicht ins Staunen. „Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als 4 Prozent unseres Stromverbrauchs decken“, behaupteten die deutschen Stromversorger in Zeitungsanzeigen noch 1993.
Doch dann trat heute vor 25 Jahren unter der rot-grünen Bundesregierung das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft. Seitdem hat sich der Ausbau der Stromerzeugung aus Sonne, Wind & Co rasant gesteigert.
Die Idee war einfach: Wer in die Energiewende investiert und eine Erneuerbare-Energien-Anlage errichtet, bekommt für 20 Jahre eine feste, kostendeckende und damit gut kalkulierbare Vergütung ausgezahlt.
Die Folge: Zunächst bei der Windenergie, später auch bei der Photovoltaik nahmen die Ausbauzahlen eine steile Kurve nach oben, eine starke heimische Industrie entstand. Die Erneuerbaren wurden die günstigste Energieerzeugungsform. Bereits fünf Jahre nach Inkrafttreten des EEG wurde mit 10 Prozent Anteil am Bruttostromverbrauch eine erste Schallmauer durchbrochen.
Mit dem Wachstum startete eine Revolution in der deutschen Stromversorgung. Erstmals beteiligten sich hunderttausende Bürgerinnen und Bürger selbst an der Stromerzeugung. Die Bürgerenergiebewegung war der wesentliche Treiber der Energiewende. Auch weltweit legte das EEG einen stürmischen Siegeszug hin. Über 80 Staaten kopierten das Erfolgsmodell. Die Erneuerbaren wurden zur tragendenden Säule der Versorgungssicherheit in der Welt.
Das EEG hat in den 25 Jahren seines Bestehens viele Veränderungen durchgemacht. Begriffe wie „Solardeckel“, „Sonnensteuer“ und „Mindestabstände“ sind Zeugen intensiver fossiler Rückzugskämpfe, die zwischenzeitlich den Ausbau fast zum Erliegen brachten. Mit Graus denken wir zurück an die Altmaier-Delle.
Bündnis 90/Die Grünen haben in der vergangenen Legislaturperiode dem Ausbau der Erneuerbaren Energien neues Leben eingehaucht und einen wahren Ausbauturbo gezündet. Mit dem neuen Ziel, 80 Prozent bis 2030, wurde das EEG erstmals konsequent auf den Pariser 1,5-Grad-Pfad ausgerichtet, ein „überragendes öffentliches Interesse“ für Erneuerbare im Gesetz verankert und die Genehmigung neuer Anlagen bedeutend beschleunigt. Die Installation von Balkonsolaranlagen wurde deutlich vereinfacht. Das Ergebnis: 60 Prozent Erneuerbaren-Anteil in 2024!
Die Energiewende ist 2025 wieder auf Kurs. Es ist jetzt an der neuen Regierung, den Ball aufzugreifen. Teure fossile Abhängigkeiten von Oligarchen oder Bürgerenergie und Wertschöpfung vor Ort, das ist die Frage zu Beginn der neuen Legislaturperiode.
Die folgenden Maßnahmen sind nun wichtig:
- Es braucht jetzt einen wirksamen Plan für den schrittweisen und schnellstmöglichen Ausstieg aus der Nutzung fossilen Gases. Doch fossile Lobbyisten und Putin-Freunde von CDU und SPD fordern derzeit das Gegenteil. Bis 2035 wollen wir eine vollständig erneuerbare Stromversorgung erreichen. Deshalb sollen neue Gaskraftwerke im Einklang mit den Klimazielen nur mit einer fix terminierten Umstellungspflicht auf erneuerbar erzeugten Wasserstoff errichtet werden. Neue Langfristverträge für Gasimporte – wie sie in den Koalitionsverhandlungen von schwarz-rot gerade diskutiert werden – wären nicht mit einer europäischen Gasunabhängigkeitsstrategie vereinbar. Umweltzerstörende neue Gasbohrungen in Deutschland gehören endlich untersagt, bestehende Gasförderung soll aus ökologischen und klimapolitischen Gründen innerhalb der nächsten Jahre beendet werden, hierfür braucht es eine rasche Novelle des Bergrechts.
- Ein Solarstandard sollte sicherstellen, dass jedes geeignete neu errichtete oder vollsanierte Dach eine Photovoltaikanlage erhält.
- Deutschland braucht eine Flexibilitätsagenda, so dass die günstigen Strompreise in Zeiten von viel Wind und Solarstrom bei Verbrauchern und Unternehmen ankommen. Dazu muss digitale Infrastruktur wie Smart Meter sicher, zügig und bezahlbar ausgebaut werden. Der marktgetriebene Hochlauf der Stromspeicher muss so unterstützt werden, dass sich Speicher optimal ins Stromsystem integrieren und netzdienliche genutzt werden. Die bestehenden Hemmnisse für einen beschleunigten Ausbau des Übertragungsnetzes müssen beseitigt werden, damit der erneuerbare erzeugte Strom dort ankommt, wo er gebraucht wird.
- Parallel ist zwingend eine weitere Steigerung der Energieeffizienz notwendig. Nur wenn wir weniger Energie verbrauchen, können auch die zusätzlichen Bedarfe für Elektroautos und Wärmepumpen abgedeckt werden.
Dieser Gastbeitrag von Julia Verlinden MdB erschien am 01.04.2025 in der Frankfurter Rundschau.